28 March 2013

Karfreitag und Christliche Feiertage in einer multikulturellen Gesellschaft

Es ist mal wieder so weit, Ostern steht vor der Tür und damit auch Karfreitag.

Karfreitag ist in Deutschland ein offizieller gesetzlicher Feiertag an dem die Läden, Schulen und Behörden geschlossen haben. Durch einen Artikel der Online Ausgabe der Frankfurt Rundschau von Georg Leppert mit dem Titel "Karfreitag - der Tanz geht weiter" bin ich darauf aufmerksam geworden, dass an Karfreitag ein so genantes Tanzverbot (Link zum entsprechenden Wikipediaartikel) herrscht.  In Deutschland ist den Tanzlokalen an Karfreitag untersagt Tanzveranstaltungen durchzuführen, entweder den ganzen Tag oder nur zu bestimmten Stunden, abhängig vom Bundesland. Einige Tanzlokale wollen sich laut des Artikels der Frankfurter Rundschau über dieses Tanzverbot hinwegsetzen.

Das in Deutschland an Karfreitag überhaupt ein Tanzverbot herrscht resultiert daraus, dass es sich bei Karfreitag um einen Stillen Feiertag handelt. Entstanden aus dem Gedanken an den Tod Jesus Christus am Kreuz sollen die Menschen auch über ihre eigne Sterblichkeit nachdenken und eben nicht Tanzen und Feiern, so steht es jedenfalls in der Rhetorik der großen, institutionalisierten Kirchen in Deutschland.

Nun würde ich nicht über den Karfreitag schreiben, wenn ich kein Problem oder zumindestens Unbehagen damit hätte. Dabei habe ich nicht nur ein Problem mit dem Karfreitag, sondern gleich mehrere.

1: Ich lasse mir nur höchst ungerne vorschreiben ob, wann und wie ich über meine eigene Sterblichkeit nachdenken. Man könnte nun sagen, dass mich dabei wohl kaum jemand kontrolliert oder beaufsichtigt, allerdings wird auf mich ein Zwang ausgeübt. Dadurch, dass der Karfreitag ein gesetzlicher Feiertag ist an dem Läden, Schulen und Behörden geschlossen haben und Tanzverbote herrschen werde ich gezwungen meine alltägliche Handlungsweise zu ändern, ich werde also im Endeffekt in meiner Handlungsfreiheit eingeschränkt.

2: Ich halte die Existenz dieses gesetzlichen Feiertages für höchst fragwürdig. Entstanden aus der christlichen und abendländischen Tradition fand dieser Feiertag seine Gültigkeit für alle in Deutschland lebenden Menschen, auch für Menschen ohne christliche oder abendländische Tradition. In Deutschland sind Kirche und Staat von einander getrennt, auch wenn Kirche und Staat oft eng zusammenarbeiten, sei es im sozialen oder auch schulischen Bereich. Allerdings haben die christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften nicht das alleinige Recht in Deutschland zu wirken. Zum Einem gilt die Religionsfreiheit, zum Andrem haben auch zum Beispiel die islamischen Religionsgemeinschaften einen großen Einfluss in Deutschland, sie sind sozial tätig und in einigen Bundesländer wird oder soll islamischer Religionsunterricht angeboten werden. Warum wird also ein christlicher Feiertag zu einem gesetzlichen Feiertag und damit zum Feiertag für alle Menschen in Deutschland egal ob Christ oder Nicht-Christ?

Dieses Frage führt mich nun weg vom Karfreitag, hin zu christliche begründeten gesetzlichen Feiertagen in Deutschland im Allgemeinen.
Tatsächlich entspringen viele der gesetzlichen Feiertag an denen auch noch "Frei ist" einer christlich abendländlichen Tradition: Weihnachten, Ostern, Karfreitag ... Natürlich gibt auch noch Feiertage die nicht auf einer christlich abendländlichen Tradition gründen: Tag der Deutschen Einheit, Tag der Arbeit ... Allerdings gibt es in Deutschland keinen gesetzlichen Feiertag oder gesetzlichen Feiertag an dem "Frei ist" der einer islamischen, morgenländischen oder gar buddhistischen Tradition entspringt. Warum ist eine Vielzahl von gesetzlichen Feiertagen in Deutschland also aus einer christlichen Tradition entsprungen, aber keine aus der Tradition einer nicht-christlichen Religionsgemeinschaft, obwohl das moderne Deutschland doch schon lange nicht mehr ausschließlich vom Christentum geprägt ist. Wir sind eine multikulturelle Gesellschaft mit überwiegend monokulturellen gesetzlichen Feiertagen. (Ich weiß Kultur mit Religion gleichzusetzen ist nicht richtig, aber insoweit passend, als das Religion kulturprägend wirken kann.)

Ein Artikel von Spiegel Online mit dem Titel "Regelung für ganz Deutschland: Zentralrat der Muslime plädiert für gesetzliche islamische Feiertage" hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es einige Bundesländer wie Hamburg oder Berlin bereits gesetzliche islamische Feiertage eingeführt haben. Nicht in Form wie beim Karfreitag, dass alle Behörden, Schulen und Läden geschlossen haben, sondern in der Form, dass Muslime an diesen zwei Feiertagen im Jahr das Recht haben frei zu nehmen, womit diese zwei Tage mit christlichen, nicht gesetzlichen Feiertagen in Hamburg und Berlin gleichgestellt werden. Der Zentralrat der Muslime fordert nun dieses Modell in ganz Deutschland anzuwenden, was ich ausdrücklich unterstütze. Dieses Modell entspricht unserem Verständnis von Religionsfreiheit und einer multikulturellen Gesellschaft.

Ich würde dieses Modell allerdings noch etwas ausweiten wollen, den für mich steht fest, auch wenn die deutsche Gesellschaft gewiss eine christliche, abendländische Tradition hat ist die deutsche Gesellschaft heute keine christliche, abendländische Gesellschaft mehr, sondern eine moderene multikulturelle Gesellschaft. Somit verlieren die christlichen, abendländischen gesetzlichen Feiertage ihre Existenzberechtigung. Ich bin somit für die Abschaffung von gesetzlichen Feiertagen die ausschließlich aus einer christlich, abendländischen Tradition in Deutschland resultieren. Stattdessen sollte an diesen Tagen Anhängern christlicher Religionsgemeinschaften das Recht gewährt werden frei zu nehmen, ebenso wie den Muslimen an den beiden muslimischen Feiertagen in Hamburg und Berlin. Allerdings sollte dieses Recht dann nicht nur für Christen gelten sondern für Anhänger jeder Religionsgemeinschaft an deren entsprechenden Feiertagen. Wer nun fürchtet am Ende im Jahr mehr arbeiten zu müssen kann ich beruhigen. Die Anzahl an gesetzlichen Feiertagen wird auf die Anzahl an Urlaubstagen eines Arbeitnehmers im Jahr gerecht, von denen man dann entsprechend an diesen Tag sich Urlaub nehmen kann. Wer also alles wie bisher haben möchte würde einfach an Weihnachten, Ostern ... Urlaub nehmen, wer dann nicht Urlaub nehmen möchte freut sich halt über einen verlängerten Sommerurlaub oder was er oder sie halt auch mit diesen Urlaubstagen anstellen möchte.
Andere gesetzliche Feiertage, wie der Tag der Deutschen Einheit oder auch der Tag der Arbeit sollten erhalten bleiben, weil sie nicht im Wiederspruch mit der modernen multikulturellen deutschen Gesellschaft stehen.


Ich würde mich über Kritik und Bewertung des Modells in Form eines Kommentars freuen.

       

3 comments:

  1. Hallo MM,

    Mal wieder eine Kontroverse, die Sie da in ihrem aktuellen Meisterwerk zur Sprache bringen! Etwas anderes als diese triumphale Zurschaustellung essayistischer Handwerkskunst hätte ich vom einem Literaten ihres Kalibers auch nicht erwartet. Alle Kritiker haben Sie mit dieser Veröffentlichung verstummen lassen. Gerade ein heikles Thema wie die Karfreitags-Diskotheken-Debatte haben ihrerzeit nur Denker der ersten Riege behandelt (ich denke da an August Ferdinand Bernhardi etc.). Wie bei ihrem letzten Essay zur Sexismus-Debatte scheint mir, Sie fassen nur wieder generelle Öffentliche Meinungen zusammen ohne wirklich aus eigener Intellektueller Geistesleistung heraus eine evidente Problematisierung zu kreieren.

    MfG

    Martin Platin-Kaiser

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    1. Lieber Herr Platin-Kaiser,

      auch (oder gerade) das Zusammenfassen von Öffentlichen Meinungen bedarf einer ungeheuren intellektuellen Geistesleistung, nur ist diese keiner schöpferischen Natur, sondern analytischer. Ansonsten genießen Sie mit Ihrem Kommentar meine vollkommene Beipflichtung.

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